01

Ziele

In Anbetracht aktueller Klimadebatten sowie der Diskussion um Mikroplastik gewinnt eine sinnvolle Nutzung nachwachsender Ressourcen unter vielerlei Gesichtspunkten zunehmend an Bedeutung.
In diesem F&E-Projekt wurde eine Möglichkeit aufgezeigt, die lokal verfügbare und nachwachsende Ressource Papier zu neuen Konsumgütern zu verarbeiten, welche außerdem einen höherfunktionalen Mehrwert aufweisen.

Im Projekt wurden die Grundlagen für die Verarbeitung von Papiergarnen zu freitragenden, dreidimensionalen Strukturspulkörpern erarbeitet. Durch die Entwicklung von Lampenschirmen, die ausgenommen der elektrischen Komponenten und des verwendeten Klebstoffs nur aus Papier bestehen, konnten neue Anwendungsfelder durch Beispiele für nachhaltige Konsumgüter aufgezeigt werden. Diese verzichten, anders als konventionell verfügbare Papierleuchten, auf eine Trägerstruktur aus Draht und bieten dadurch ein enormes Leichtbaupotential.

Zu Beginn des Gestaltungsprozesses wurden alle Anforderungen gesammelt und geclustert. Aktuelle Wohntrends wurden gefunden und bewertet mit dem Ziel, eine hohe Nutzerakzeptanz zu erreichen. Über vereinfachte Simulationen konnten vorab die Lichtwirkungen im Raum bestimmt und bewertet werden. Hieraus wurden die erforderlichen Geometrien abgeleitet und schließlich im Strukturspulprozess in den Strukturen umgesetzt. Es wurden verschiedene Papiergarne verwendet, die mit geeignetem Klebstoff konsolidiert wurden. Durch die präzise platzierten Fadenschichten im Spulprozess lässt sich das Lichtlenkungsverhalten des Leuchtenkörpers gezielt einstellen. Die Leuchte wurde in ein angepasstes Recyclingkonzept zur möglichst ganzheitlichen Rohstoffnutzung eingebettet.

Das im Projekt gesammelte Wissen soll auf weitere Bereiche übertragen und ausgeweitet werden. Die Umsetzung in eine kleinserientaugliche Produktion ist nun angestrebt, so dass die innovativen und nachhaltigen Papierleuchten den Endnutzern bald als schöne, nachhaltige und funktionale Leuchte zur Verfügung stehen.

02

Spultechnologie

Spultechnologie

Nachhaltigkeit steht im besonderen Fokus der DITF und damit auch ihrer Spulentechnologie. Ein besonderer Schwerpunkt ist bspw. die Verbesserung des Ablaufverhaltens der Spulen. Damit verbunden werden Maschinen- und Antriebstechnologien zur wirtschaftlichen Herstellung solcher Spulen entwickelt und optimiert. Im Spultechnikum der DITF stehen die modernsten Spul- und Sondermaschinen zur vollkommen frei programmierbaren Spulenbildung bereit. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Hybridisierung mittels Zwirn- und Umwindetechnologie, um Garne mit speziellen Eigenschaftskombinationen bis hin zu sensorischen und aktorischen Garnen zu erzeugen. Darüber hinaus werden mit der Strukturspul- und Strukturknäueltechnik neue faszinierende Verfahren zur wirtschaftlichen Bauteilherstellung erforscht. Dabei wird angestrebt, die hohe Wirtschaftlichkeit der Spultechnik für die Herstellung freitragender, dreidimensionaler Strukturbauteile zu nutzen. 

03

Ergebnisse

Entwicklung neuer Papiere und Papiergarne

Mit einem am PMV entwickelten Prozess können Papiervliese so hergestellt werden, dass die Fasern nahezu vollständig in eine Vorzugsrichtung orientiert sind. Damit kann ein Grundprinzip des Konstruierens mit Verstärkungsfasern, die „lastpfadgerechte Orientierung der Fasern“ nun auch auf Papier angewendet werden, was noch höhere Festigkeiten in eine Vorzugsrichtung bezogen auf das eingesetzte Materialgewicht ermöglicht.

Garntechnologie und Papiergarne

1907 erwirbt die Firma Glatz die Maschinenfabrik Hemmer AG in Neidenfels. Im Jahr 1912 wird die Papierspinnerei vom Hauptwerk in die Gebäude der Hemmer’schen Maschinenfabrik verlagert, die Produktion von verschiedenen Papiergarnen wird aufgenommen. Im Oktober 2000 geht aus dem Bereich Papierspinnerei der Julias Glatz GmbH das neue Unternehmen GarnTec hervor. 

Heute produziert, veredelt und vermarktet GarnTec Papiergarne, Papierkordeln, Binde- und Dekogarne sowie Quellgarne und –vliese verschiedener Art.

 Die Rohstoffbasis der Produkte sind Spezialzellstoffe aus denen unsere Lieferanten das notwendige Spezialpapier herstellen. Aus Papieren mit einer Flächenmasse ab 14 g / qm werden feinste Papiergarne und Kordeln in der Stärke von 0,20 mm bis 30 mm gefertigt. 

GarnTec ist bei den dünnen Garnstärken der Weltspezialist mit entsprechendem Know-how und in bestimmten Bereichen einziger Anbieter.

Entwicklung eines Recyclingkonzepts für Papiergarne bzw. deren Verbundwerkstoffe

Im Projekt wurden Recyclingkonzepte für die neuen Leuchten untersucht. Hierfür wurden verschiedene Grundlagenversuche an den unverarbeiteten Garnen sowie an den fertigen Bauteilen durchgeführt.

Entwicklung einer Konsolidierungsmethode

An den DITF wurde eine neue Konsolidierungsmethode entwickelt, mit der die im Strukturspulprozess abgelegten Garne fixiert werden können. Die verwendeten Materialien können im Papierrecyclingprozess mit verarbeitet werden und beeinflussen diesen nicht negativ. Auf diese Weise können stabile, dreidimensionale Strukturen hergestellt werden.

Technologische Entwicklung von Strukturspulkörpern für Leuchten

Bei der Strukturspultechnik wird das Garn auf einen Dorn präzise abgelegt. Über die Geschwindigkeitsverhältnisse zwischen dem rotierenden Dorn und dem hin und her pendelnden Fadenführer wird das Bild der Fadenablage bestimmt. Im Projekt wurde der Spulenaufbau basierend auf den berechneten Simulationen so entwickelt, dass die Körper selbsttragend stabil sind und das gewünschte lichttechnische Verhalten zeigen. Die hierfür notwendigen Maschinenkomponenten und die verfahrenstechnischen Aspekte waren ebenfalls Teil der Entwicklungsarbeiten im Projekt.

Lichttechnische Bewertung der Grundkörper und der Leuchten

Mittels einer Leuchtdichte- und Farbmesskamera (LumiCam) wurden im Projekt verschiedene Strukturen vermessen. So konnte die lichttechnische Wirkung verschiedener Strukturen und Materialien verglichen und bewertet werden. Zudem wurden die Beleuchtungsstärke, die Transmission und die Reflexion verschiedener Strukturen bestimmt.

Gestalterische Entwicklung von Leuchtenkörpern und Simulation der Lichtwirkung von Leuchtenkonzepten

Am Anfang der Designentwicklung stand die Untersuchung der möglichen Formen und Dimensionen eines Spulkörpers. Die filigranen und leichten Strukturen schaffen eine außergewöhnliche und neue Ästhetik, die sowohl im beleuchteten als auch unbeleuchteten Zustand faszinieren.

Verschiedenste Arten der Spulung wurden hinsichtlich der Lichtwirkung sowie der optischen Anmutung untersucht und bewertet. Unterschiedliche Bereiche der Lichtdurchlässigkeit, das Erzeugen von Lichtstrukturen und Licht- und Schattenspiel sowie der Einsatz von farbigen Garnen ermöglichen zusätzliche Funktionen.

Im weiteren Verlauf wurden Konzepte mit der Reihung mehrerer Spulkörper weiter verfolgt. Der Fokus lag dabei auf Hängeleuchten und Standleuchten. Die Integration von weiteren Funktionselementen wie Fassung, Aufhängung oder Fuß aus gespulten Garnelementen schafft eine durchgängige Materialität.

Mithilfe von CAD- und Simulationsprogrammen wurden verschiedene Gestaltungsansätze entwickelt und bewertet und in einer weiteren Phase als Prototypenmuster umgesetzt.

04

Umweltnutzen

Bewertung der CO2-Äquivalente der entwickelten Light-Weight Lampenschirme

Papier ist ein nachwachsender Rohstoff mit großem Potential zur Rezyklierbarkeit. Altpapier fällt überall da an, wo Menschen leben und arbeiten. Die Rezyklierbarkeit der Leuchten wurde im Rahmen des Projekts mit betrachtet und untersucht. Mit der Entwicklung von optisch ansprechenden, höherfunktionalen Lampenschirmen bzw. Leuchten ohne Drahtanteil soll das Bewusstsein für einen nachhaltigen Rohstoffeinsatz geschärft werden.

Die Herstellung von lackiertem Draht, wie er häufig in Papierleuchten zum Einsatz kommt, verbraucht viel Energie und wertvolle Rohstoffe. Papier verursacht im Vergleich dazu deutlich weniger CO2-Äquivalente. Durch den Verzicht auf tragende Elemente aus lackiertem Draht konnte gezeigt werden, dass keine Kompromisse in Sachen Stabilität und Festigkeit eingegangen werden müssen. Es sind sogar feine und filigrane selbsttragende Strukturen herstellbar. In der nachfolgenden Tabelle sind zwei ähnliche Papierleuchten gegenübergestellt.

Vorläufige Bewertung
der CO2-Äquivalente
Konventionelle Papierleuchte.
31 zylinderförmige Einzelleuchten bilden die Gesamtleuchte
Light-Weight Papierleuchte.
31 konische Leuchten mit Diffusor bilden die Gesamtleuchte
Gewicht des Lampenschirms mit Gestell (ohne Fassung und Leuchtmittel) ca. 1,9 kg ca. 0,9 kg
Drahtanteil am Gesamtgewicht ca. 93% 0%
Bei der Produktion verursachte CO2-Äquivalente ca. 5,4 kg ca. 3 kg
Aufbau des Lampenschirms Lackierter Draht als tragende Struktur, Diffusorschicht aus Papier Papiergarnstruktur als tragende Struktur, Diffusorschicht aus Papiergarn
Recyclingpotential Recycling möglich bei korrekter Trennung von Papier und Draht sowie entsprechender Entsorgung. Recycling von Papier ist über verschiedene Altpapierwege sehr gut möglich.
05

Projektpartner

Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt